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- Vorwort - Aus dem Katalog: Szilard Huszank, Malerei 2001-2007
- Der Komponist Franz Schubert
fragte Anfang des 19. Jahrhunderts jeweils, wenn ein Neuer zu seiner
Künstlergesellschaft gestoßen war: „Kann er was?“
Gertrude Stein verlangte hundert Jahre später von den Künstlern
vor allem Entdeckung und Novum. Vereinfacht dargestellt führte
dies um die Mitte des 20. Jahrhunderts zur Ignorierung des
handwerklichen Könnens. Diese Forderung ist bis heute noch
relevant, vielleicht nur aus lauter Gewohnheit (Kunst ist ein träges
Geschäft) und erschwert das Schaffen manch’ ambitiösen
jungen Künstlers. Die meisten aber kümmern sich nicht um
alte Paradigmen und entdecken unbeschwert das „spanische Wachs“
(ungarische Redewendung) von Neuem. Die jüngere Kunstszene
ringsum, wo man nur hinschaut - abgesehen von den krampfhaften
Bestrebungen der bildenden Kunst eine gesellschaftliche Nützlichkeit
abzuzwingen - langweilt einen mit diesen mehr oder weniger
geistreichen Gebilden. Es gibt aber auch junge Künstler, die,
wie Szilard Huszank, die Kunstgeschichte sozusagen stets auf dem
Rücken tragend, das Novum und die Relevanz in der persönlichen
Stellungnahme suchen. Dieses Wissen, diese Dazugehörigkeit und
gleich eine mit mildem Humor hinterfragte Übersicht, ist
Huszanks Bemühungen eigen. Seine Arbeiten (frühere und neue
Bilder, Videos, Installationen) balancieren irgendwie auf des Messers
Schneide. Sie sind zwar direkte Reflexionen auf seine tagtägliche
„Lebenswelt“ (Frühstückstillleben,
Zimmerinterieurs, Mädchengestalten), durch ihre Konzeption oder
Machart (Komposition, Formgebung) aktivieren sie jedoch im Betrachter
– ohne direkt zu werden – das Kunstwissen über
jüngere oder lange zurückliegende Vergangenheit.
- Um das näher zu erklären,
sollen hier ein paar Beispiele stehen, ohne die Andeutung der
möglichen Ideenverwandtschaften. Seine ersten Arbeiten, die ich
gesehen habe, waren Videos mit Aufnahmen von Beobachtungen malerisch
delikater Materialveränderungen, so zu sagen das Leiden und
Vergehen von Flüssigkeiten auf der glühenden Heizplatte
(der Frühstückskaffee ist ausgelaufen). Ein Maler, der das
Informelle exemplarisch im Technischen abzureagieren vermag –
dachte ich. Etwas später nahm er an der Klassenausstellung mit
einer quasi closed circuit Installation teil. Darin konfrontierte er
tautologischer Weise drei Komponenten miteinander: Die räumliche
Wirklichkeit der Installation, in der die gemalte Darstellung als
Bild an der Wand und ihre gleichzeitige, technische Aufnahme im
Fernsehgerät zu sehen war, mit eben diesen beiden Abbildungen
des Ganzen.
- In seiner Malerei ist klar
ablesbar, wie er mit der Aufarbeitung der Bildillusion, der
Flächigkeit und der geometrischen Begrenztheit vorankam. Frei,
spielerisch nahm er Richtung auf das autonome Bild, streifte dabei
das trompe-l’oeil und das Konstruktive – bis zu einem
sehr sicher erfühlten Punkt. Er identifizierte z.B. die
Bildfläche mit der Tischplatte, worauf Gegenstände
herumlagen und malte sie aus gemischter Perspektive. Humor begleitete
diesen Aspekt: er drehte das Bildviereck um 90 ° und ließ
aus der Flasche die Flüssigkeit herausfließen. In anderen
Bildreihen kostete er auch den strengeren Aufbau aus: Eine immer
wiederkehrende Form (die für ihn anscheinend die Geometrie per
se symbolisierte, deren Vor-Bild ein hässlicher Sitz-Kubus mit
rot-schwarzer diagonaler Teilung war) organisierte ringsherum die
anderen Bildkomponenten: das schräg abgeschnittene Rechteck der
Tischplatte, das Dreieck der zurückgeschlagenen Tischdecke, etc.
Er jonglierte in diesen Bildern mit Flächen, Richtungen,
Teilungen, Komposition und Dekomposition, ohne die Grenze des
abbildenden Charakters zu überschreiten. Sobald die Objekte in
ihrer lichterfüllten Situation mit den nötigsten Mitteln
erfasst wurden, war kein Pinselstrich mehr nötig. Daher sind
diese Bilder locker, spontan, dekorativ, der Mal-Appetit ist an ihnen
abzulesen.
- Die neuen Bildserien sind
hingegen viel zielbewusster. Szilard Huszank malt nun Interieurs mit
Mädchenfiguren, montageartig kühl und modelliert auch
„ordentlicher“ als zuvor (ich vermute, dies ist auf die
Wirkung der ästhetischen Gegebenheit seines neuen Umfeldes
zurückzuführen). Irgendwo im Bild erscheint jeweils ein
Zitat (Bild im Bild) aus der Kunstgeschichte (oder ein politisches
Emblem), bedeutungsvolle Gegenstände kehren wieder (z.B. ein
Schnitt Wassermelone). Formal ganz klar und geschlossen, sogar fast
klassisch, wirken die auf gemustertem Hocker sitzenden Aktfiguren,
die mit eigenartig herben, bewussten Farbbeziehungen gemalt sind.
Szilard meint, seine Bilder würden Nostalgie für die –
rückblickend so einfach und unbeschwert erscheinenden –
großen Zeiten der Malerei exemplifizieren. Ich denke jedoch,
sie bezeugen eher seinen Respekt vor ihnen, vor allem aber den Wunsch
mit diesem Wissen – im Rahmen seiner selbstsicheren
künstlerischen Ökonomie – frei umzugehen.
Dóra Maurer
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